BGH 12.4.2011, VI ZR 300/09
Mietwagenkosten: Schwacke-Liste und Fraunhofer-Mietpreisspiegel geeignete Schätzgrundlagen
Bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall darf der Tatrichter seiner Schadensschätzung sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde legen. Die Listen dienen ihm nur als Grundlage für seine Schätzung; er kann im Rahmen seines Ermessens von ihnen abweichen.
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Höhe der Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangte aus abgetretenem Recht des Geschädigten für eine Anmietdauer von 18 Tagen von dem beklagten Haftpflichtversicherer Mietwagenkosten zu einem Tagessatz von 100 € pauschal zzgl. Nebenkosten i.H.v. insgesamt 2757 € ersetzt; die Beklagte erstattete davon lediglich 1999 €.
Das AG gab der auf Zahlung der Differenz gerichteten Klage statt. Dabei ging es für die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten hinsichtlich der üblicherweise auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarife (sog. Normaltarif) von der sog. Schwacke-Liste unter Berücksichtigung eines Aufschlags wegen der Anmietung eines sog. Unfallersatzfahrzeugs aus.
Das LG wies die Klage ab. Es ermittelte den zu ersetzenden Betrag auf der Grundlage des Fraunhofer-Mietpreisspiegels und gewährte einen Aufschlag für ein Unfallersatzfahrzeug nicht. Das LG vertrat die Ansicht, die Schwacke-Listen wiesen erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung auf und stellten keine geeignete Schätzgrundlage dar. Der Fraunhofer-Mietpreisspiegel sei daher vorzuziehen.
Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Im Hinblick auf die Frage, welche Schätzgrundlage bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten zugrunde gelegt werden darf, darf der Tatrichter sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel seiner Schadensschätzung zugrunde legen. Der BGH führt seine bisherige Rechtsprechung insoweit fort.
Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung. Er kann im Rahmen seines Ermessens von diesen – etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf die sich aus ihnen ergebenden Tarife – abweichen.
Im Streitfall war das Berufungsurteil allerdings aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen, weil dieses prüfen muss, ob ein Zuschlag, auch im Hinblick auf die Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs, zu gewähren ist.