Nur eingeschränkte Verkehrssicherungspflichten beim winterlichen Betrieb eines Selbstbedienungswaschplatzes
OLG Hamm 22.5.2015, 9 U 171/14
Ein Kunde, der bei winterlichen Temperaturen einen Selbstbedienungswaschplatz aufsucht, weiß, dass es beim winterlichen Betrieb eines Selbstbedienungswaschplatzes durch betriebsbedingt verspritztes Wasser zu einer nicht mit vertretbarem Aufwand zu verhindernden Glättebildung kommen kann. Er muss insoweit nicht eigens auf diese Gefahr hingewiesen werden.
Der Sachverhalt:
Die klagende Pkw-Fahrerin suchte im Februar 2013 bei Temperaturen im Bereich des Gefrierpunktes die Selbstbedienungs-Autowaschanlage des beklagten Betreibers auf, um dort ihr Fahrzeug selbst zu waschen. Nachdem sie ihr Auto mittels einer Waschbürste gereinigt hatte, stürzte sie auf dem Weg zu einem Mülleimer etwa einen Meter vor ihrem Fahrzeug, nach ihrer Darstellung, weil beim Reinigen verlaufenes Waschwasser zwischenzeitlich an einzelnen Stellen gefroren war.
Bei dem Sturz zog sich die Klägerin Frakturen an einem Lendenwirbel und der linken Hand zu und musste operativ versorgt werden. Sie verlangt vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 € sowie ca. 4.500 € für materielle Schäden.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird beim BGH unter dem Az. VI ZR 413/15 geführt.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keine Ansprüche auf materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld aus dem streitgegenständlichen Vorfall. Eine Haftung gem. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB oder gem. § 823 Abs. 1 BGB ist schon dem Grunde nach nicht gegeben, denn der Beklagte hat unter Berücksichtigung der konkreten Umstände keine Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Den Betreiber einer Waschanlage trifft zwar grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf betriebsbedingte Gefahrenquellen. An deren Erfüllung sind insbesondere im Winter erhöhte Anforderungen zu stellen. Allerdings besteht vorliegend die Besonderheit, dass der Beklagte einen Selbstbedienungswaschplatz unterhält und dass es nicht um Glatteisbildung durch Regen oder Schnee, sondern durch überfrierendes Waschwasser geht. Die Verkehrssicherungspflicht des Beklagten geht nicht so weit, dass er bei fortlaufender Nutzung des Waschplatzes während winterlicher Temperaturen dauernd oder nach jeder SB-Wäsche Maßnahmen zur Verhinderung stellenweiser Blitzeisbildung zu treffen hätte. Dies gilt umso mehr, als es fraglich erscheint, ob solche Maßnahmen überhaupt erfolgversprechend zu veranlassen sind.
Vielmehr weiß derjenige, der sich bei winterlichen Temperaturen entscheidet, seinen Pkw auf einem SB-Waschplatz gegen Zahlung eines geringen Entgelts selbst zu reinigen, dass vom Betreiber lediglich die Waschplatznutzung, aber gerade kein darüber hinausgehendes Service geboten wird und aus wirtschaftlichen Gründen auch nicht geboten werden kann. Insbesondere ist nicht mit der Anwesenheit von Personal zu rechnen. Der Kunde weiß zudem, dass bei SB-Wäschen Wasser im Bereich der Waschboxen verspritzt und dass dieses Wasser bei niedrigen Temperaturen gefrieren kann. Bei dieser Situation liegt die Gefahr überfrierenden Waschwassers auf der Hand, so dass ein Betreiber die Kunden auf diese Umstände auch nicht eigens hinzuweisen hat. Die Klägerin musste mit der Gefahrensituation rechnen und hätte die Gefahrenstelle selbst erkennen können.
Quelle: OLG Hamm PM vom 5.10.2015