Verweis des Versicherers auf alternative Reparaturmöglichkeit kann auch noch im Rechtsstreit erfolgen
BGH 14.5.2013, VI ZR 320/12
In Fällen von fiktiven Schadensabrechnungen der Geschädigten kann der Verweis eines Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder freien Fachwerkstatt auch noch im Rechtsstreit erfolgen, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen. Für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, ist es im Prinzip unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist.
Der Sachverhalt:
Der Kläger machte nach einem Verkehrsunfall gegen die beklagte Versicherung den ihm entstandenen Fahrzeugschaden geltend. Er hatte die Reparatur in Eigenregie durchgeführt und wollte den Schaden gegenüber der Beklagten fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnen. Die Beklagte kürzte den Schadensbetrag allerdings aufgrund eines eigenen Prüfgutachtens um 1.197 €.
Vorprozessual hatte die Beklagte den Kläger zwar auf günstigere Stundenverrechnungssätze von Referenzwerkstätten verwiesen, allerdings ohne diese konkret zu benennen. In erster Instanz benannte sie dann konkrete Werkstätten, die zu den von der Beklagten angesetzten Kosten repariert hätten. Der Kläger war der Ansicht, dass der konkrete Verweis zu spät erfolgt sei.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der Schädiger darf den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, auch noch im Rechtsstreit auf günstigere Reparaturmöglichkeiten in einer Referenzwerkstatt verweisen.
Ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder „freien“ Fachwerkstatt ist möglich, wenn der Schädiger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen. Hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem der Verweis spätestens erfolgen muss, bestehen unterschiedliche Auffassungen.
Die Möglichkeit, erst im Prozess auf freie Werkstätten zu verweisen, wird zum Teil abgelehnt, wobei u.a. darauf abgestellt wird, der Verweis müsse in dem Zeitpunkt bekannt sein, in dem der Geschädigte gewöhnlich seine Dispositionsentscheidung treffe, also zeitnah nach dem Unfall. Nach Ansicht des erkennenden Senats ist der Verweis jedoch im Rechtsstreit möglich, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen. Für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, ist es im Prinzip unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen. Entscheidend ist, dass in solchen Fällen der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln ist. Der Geschädigte disponiert dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf dieser objektiven Grundlage zufrieden gibt. Hinweise der Schädigerseite auf Referenzwerkstätten dienen hier nur dazu, der in dem vom Geschädigten vorgelegten Sachverständigengutachten vorgenommenen Abrechnung entgegenzutreten.
Quelle: BGH online